Die Macht der
Körpersprache

Der Großteil der Kommunikation erfolgt nonverbal: 38 % durch die Stimmführung und stolze 55 % durch die Körpersprache, durch Körperhaltung, Bewegungen, Mimik, Gestik, Nähe oder Distanz.

In der Kommunikation mit Kindern, die mitten in der Sprachentwicklung stecken, ist alles Nonverbale von besonderer Bedeutung. Nachdem sie die Sprache noch nicht so gut beherrschen, sind die nonverbalen Signale ihres Gegenübers essenziell, um dieses Gegenüber verstehen zu können. Eine eindeutige, konsistente, positive Körpersprache ist daher von besonderer Bedeutung und sollte auch gezielt eingesetzt werden.

Besser auf Augenhöhe als von oben herab

Spricht man mit einem Kind, sollte man immer dessen Blickkontakt suchen. Das hilft, eine Verbindung aufzubauen. Gleichzeitig ermöglicht es dem Kind auch, Mimik und Gestik des Gegenübers wahrzunehmen und so die verbale Botschaft besser zu verstehen. Indem man sich auf Augenhöhe mit dem Kind begibt, schafft man eine vertrauensvolle Atmosphäre.
Generell signalisiert eine offene, dem Kind zugewandte Körperhaltung Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Nähe, Interesse und Gleichberechtigung. Und die Kommunikation unter Gleichberechtigten macht Klein und Groß deutlich mehr Spaß und eröffnet damit auch mehr Möglichkeiten des konstruktiven Austausches.

Übereinstimmung statt Sabotage

Körpersprache muss verbale Aussagen unterstützen. Denn Kinder sind sehr sensibel für etwaige Unstimmig- bzw. Ungereimtheiten und reagieren entsprechend darauf. Fragt ein Kind, ob man ihm zuhört, und man antwortet, ohne es anzusehen: „Natürlich höre ich dir zu“, so wird das Kind mit großer Wahrscheinlichkeit nicht glauben, was es hört, weil es die Körperhaltung als gegenteilig erlebt. Ähnliches passiert auch, wenn man zum Beispiel auf die Frage eines Kindes, ob es etwas darf, zwar mit einem „Nein“ antwortet, aber dazu entschuldigend lächelt. Ist die nonverbale Botschaft kein klares „Nein“, sondern ein „Vielleicht“ oder sogar eher ein „Ja“, so wird die Frage mit dem halbherzigen „Nein“ nicht erledigt sein.

Auch eine leise, unsicher wirkende Stimmlage oder
ein entschuldigender Tonfall sind kontraproduktiv und
verkehren die verbale Aussage ins Gegenteil.

Ehrlich währt am längsten

Ist man im Stress und ein Kind sucht das Gespräch, so sollte man nicht halbherzig antworten, sondern dem Kind ehrlich sagen, dass man gerade keine Zeit hat. Wichtig ist, auch einen konkreten Zeitpunkt zu nennen, wann man das Gespräch nachholen wird, zum Beispiel: „Ich habe Zeit für dich, wenn ich den Saft vom Boden weggewischt habe und alles wieder trocken ist.“

Verständnis zeigen

Einfache Gesten helfen, um einem Kind Verständnis und Empathie für dessen Gefühle zu vermitteln. Geöffnete Arme, eine tröstende, sanfte Berührung am Arm oder ein Über-den-Kopf-Streichen signalisieren Unterstützung und schaffen eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der sich das Kind sicher und akzeptiert fühlt.
Gleichzeitig sollte man aber auch immer darauf achten, die persönlichen Grenzen eines Kindes zu respektieren. Kindern, die räumlichen Abstand suchen, sollte man diesen wenn irgend möglich auch zugestehen und sie nicht im wahrsten Sinne des Wortes in die Enge treiben.

Von wegen Wald und Echo …

Kinder haben sehr feine Sensorien. Mit diesen nehmen sie nonverbale Signale nicht nur wahr, sondern reagieren auch entsprechend darauf. Das kann positiv sein, wenn man zum Beispiel innere Ruhe ausstrahlt und diese sich auf die Kinder überträgt. Das kann aber auch ins Gegenteil umschlagen, wenn man stark angespannt ist und diese Unruhe auf die Kinder übergreift. Dessen sollte man sich vor allem an den Tagen, an denen es einem nicht so gut geht, bewusst sein. An diesen sollte man ganz besonders auf „kleine“ Zeichen der Mimik achten, wie etwa Stirnrunzeln oder Augenverdrehen, und diese tunlichst vermeiden. Anstelle dessen sollte man bewusst versuchen, positive Körpersprachesignale zu setzen: ein kleines Lächeln, ein Aufrichten von Schultern und Kopf. Ab und an kann man sich mit diesen kleinen Signalen sogar selbst überlisten und die eigene Stimmung ein wenig heben.

Mit unserer Körpersprache übermitteln wir den Kindern ständig Botschaften. Botschaften, die von den Kindern ebenso wahrgenommen werden wie unsere verbalen Aussagen. Botschaften, an denen sich die Kinder aufgrund dessen, dass ihre Sprachentwicklung noch mitten in Gang ist, oft mehr orientieren als am gesprochenen Wort. Dessen sollte man sich immer bewusst sein und auch entsprechend achtsam agieren. Und vor allem sollte man mit sich selbst auch geduldig sein. Denn das Körpergedächtnis merkt sich unglückliche Bewegungsabläufe und Verhaltensweisen und überrumpelt uns immer wieder damit. Gleichzeitig ist das Körpergedächtnis aber auch lernfähig und erfolgsorientiert: Bei entsprechender Übung ersetzt es Uneffektives sehr gern durch Erfolgversprechendes.

Einstiegsübung zur Bewusstmachung der Rolle der Körpersprache

  • Stellen Sie sich erst mit hängenden Schultern vor den Spiegel und sagen Sie mit trauriger Miene: “Mir geht es gut!”
  • Stellen Sie sich nun aufrecht hin, atmen Sie tief ein und aus und sagen Sie mit fröhlicher Miene: “Mir geht es gut!”
  • Wie fühlt sich das an? Spüren Sie einen Unterschied? Hört sich Ihre Stimme beim zweiten Mal anders an als beim ersten Versuch?

Wer so seine Morgentoilette im Badezimmer beginnt und dabei immer wieder auch ganz nach Belieben Körperhaltung und Gesichtsausdruck variiert, startet damit nicht nur besser in den Tag, sondern erinnert sich auch jeden Tag daran, wie wichtig nonverbale Kommunikation ist.

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