Wisch & weg?

Smartphone und Tablet sind heute allgegenwärtige Begleiter in unserem Alltag. Aber welche Auswirkungen hat diese Omni-
präsenz auf die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft, die sich noch in der entscheidenden Phase des Spracherwerbs befinden? Können digitale Endgeräte beim Spracherwerb unterstützen? Oder sollten Eltern vor den Augen ihrer Kinder lieber gleich ganz darauf verzichten?

#bildung liefert Input fürs nächste Eltern- bzw. Entwicklungsgespräch.

Wie erwerben Kinder ihre sprachlichen Fähigkeiten?

Die Fähigkeit, Sprache zu lernen, ist ebenso wie die Lust am Kommunizieren angeboren. Kleinkinder lernen Sprache ganz intuitiv, sie lernen sprechen, indem sie beobachten und nachahmen.
Die wichtigsten Vorbilder sind dabei ihre nächsten Bezugspersonen: die Eltern. Durch die Kommunikation mit ihnen entwickeln sie ihre sprachlichen Fähigkeiten, lernen neue Wörter und Satzstrukturen und nehmen Sprache in all ihren Dimensionen wahr.

Wie funktioniert der Lernprozess?

Wenn Kinder lernen, wenn sie beobachten, nachahmen und Neues ausprobieren, bilden sich neue Verbindungen zwischen ihren Gehirnzellen. Diese Verbindungen sorgen nicht nur dafür, dass sie sich an das Erlebte erinnern, sie ermöglichen auch den dauerhaften Erwerb neuer Fähigkeiten.
Abhängig vom Sinnesorgan, mit dem wahrgenommen und erlebt wird, wird jeder Sinneseindruck in einem anderen Teil des Gehirns abgespeichert. Je mehr Sinne in den kindlichen Erlebnis- und Lernprozess eingebunden sind, umso mehr neuronale Verbindungen werden geknüpft. Und jede Verbindung zwischen Nervenzellen macht das Gehirn leistungsfähiger und das Lernen einfacher.

Das Gehirn ist wie ein Muskel –
je mehr wir es benutzen, desto stärker wird es.

Können Spezialprogramme auf Handy und Tablet das persönliche Gespräch ersetzen?

Alle Bildschirmgeräte, Smartphone, Tablet, Fernsehen oder auch Spielkonsolen, sprechen hauptsächlich zwei Sinne an: Hören und Sehen. Für den optimalen Erstspracherwerb sollten aber möglichst viele Sinne gefordert werden.
Dazu kommt, dass selbst pädagogisch wertvolle Angebote nicht individuell auf den Entwicklungsstand eines Kindes eingehen, sondern nur von einem durchschnittlichen Entwicklungsstand ausgehen können. Dass dieser nicht jedem Kind gerecht werden kann, liegt auf der Hand.

Die direkte sprachliche Interaktion
mit den Bezugspersonen ist nicht ersetzbar.

Sollten Eltern vor ihren Kleinkindern auf die Nutzung digitaler Endgeräte völlig verzichten?

Eltern sind die wichtigsten Vorbilder ihrer Kinder, auch in Sachen Medienverhalten. Greifen Eltern ständig zum Handy, so geben sie ihrem Kind das Gefühl, dass dieses unverzichtbar ist.
Ein Handyverbot für Eltern ist allerdings nicht die Lösung. Vielmehr sollten sie ihren Kindern einen bewussten, ausgewogenen Umgang mit modernen Medien vorleben. Nur so können diese ihn erlernen. Daher gilt:

  • Dem Kind die volle Aufmerksamkeit schenken, wenn es Kontakt sucht, und nicht nebenher immer wieder aufs Handy schauen.
  • Bewusst handyfreie Zeiten mit dem Kind einplanen, zum Beispiel beim täglichen Leseritual oder beim Essen.
  • Bei notwendiger Nutzung dem Kind erklären, warum man kurz einmal aufs Handy schauen muss.

Von einem bewussten Umgang mit Smartphone & Co.
profitieren Eltern und Kind.

Wie viel Bildschirmzeit ist bei Kindern erlaubt?

Die meisten Expert:innen empfehlen Bildschirmzeit frühestens ab dem 3. Lebensjahr: zeitlich beschränkt auf maximal eine Stunde und inhaltlich beschränkt auf altersgerechte Apps und Anwendungen. Vor allem aber gilt, dass diese Zeit immer nur mit aktiver Begleitung der Eltern erfolgen sollte. Bildschirmzeit der Kinder bringt Eltern keine Auszeit, sondern erfordert gezielte Interaktion mit dem Kind. Indem die Bildschirmzeit nicht einfach „passiert“, sondern Eltern sie bewusst planen und begleiten, können Eindrücke des Kindes im Zuge der Entdeckungsreise durch digitale Welten direkt gemeinsam besprochen und auch kritisch hinterfragt werden. Nur so erwerben die Kinder nach und nach die Fähigkeit zur selbstbestimmten, kritischen Mediennutzung.

Was WHO und eine aktuelle Studie zum Thema sagen …

Laut aktuellen Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation sollten Dreijährige maximal eine Stunde Zeit vor dem Bildschirm verbringen, dazu zählen Smartphone, Tablet, Fernsehen und Spielkonsole.
Eine aktuelle australische Studie, die von 2018 bis 2021 220 Familien begleitet und beobachtet hat, ist zu dem Ergebnis gekommen, dass schon bei nur einer Stunde vorm Bildschirm Kindern rund 400 Erwachsenenworte entgehen, die sie in der gleichen Zeit im Dialog hören und kennenlernen bzw. festigen würden. Die Bildschirmzeit ging auf direkte Kosten der Eltern-Kind-Kommunikation: Je mehr Zeit die Kinder vorm Bildschirm verbrachten, umso kürzer wurden die
Eltern-Kind-Gespräche.

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